Antrag auf Neubewertung alternativer Standorte

Anlässlich der Bürgerversammlung Bezirk 16, Perlach am 21.10.2021 in der Turnhalle des Heinrich-Heine-Gymnasiums wurde der Antrag von Dr. Wolfgang Dowie, Mitglied im Sprecherkreis der Bürgerinitiative U-Bahn-Betriebshof Süd mit großer Mehrheit von den anwesenden Bürgern angenommen und nun der Stadtverwaltung vorgelegt:

Begründung:

Man hat das Gefühl, belogen, getäuscht und ausgetrickst worden zu sein.

Politik und demokratisches Zusammenleben basieren auf gegenseitigem Vertrauen. Und doch wird dieser Grundsatz immer wieder mit Füßen getreten. So auch in Sachen zweiter U-Bahn Betriebshof, wo das Vertrauen großer Teile der Bürgerschaft zu den Institutionen der Stadt, der Münchner Vehrkehrs-Gesellschaft (MVG) und auch zu einzelnen, handelnden Personen inzwischen nachhaltig gestört ist. Man hat das Gefühl, belogen, getäuscht und ausgetrickst worden zu sein. Was sind die Gründe dafür?

Was den Bürgern anlässlich einer Videokonferenz am 12. Mai 2021 erstmals vorgesetzt worden ist, war ungeheuerlich – nämlich ein Monster-Betrieb!

Seit vor Jahren die ersten Berichte über Planungen der MVG öffentlich geworden sind war immer von einem Betriebshof von überschaubarer Größe und mit „normalem“ Betrieb die Rede. Was den Bürgern allerdings anlässlich einer Videokonferenz am 12. Mai 2021 erstmals vorgesetzt worden ist, war ungeheuerlich – nämlich ein Monster-Betrieb!!! – eine Größe von ca. 8 ha (max. 600m x 200m) mit 
– 15 + 4 Reparaturgleisen,
– einem 24 Std.-Betrieb an 365 Tagen im Jahr (inkl. an Sonn- u. Feiertagen), 
– einem fast 1 km langen Test- und Abnahmegleis (außerhalb des Betriebsgeländes),
– keiner Einhausung, dafür zwei 8 m hohen Schallschutzmauer von je 600 m und 150 m Länge.

Der Höhepunkt einer sichtbar verfehlten und konzeptionslosen Stadtplanung

Mit knapp 9.000 Einwohnern pro qm ist Neuperlach eines der am dichtest bebauten Wohngebiete in Deutschland. Das Planungsgebiet ist eine der letzten, derzeit noch vorhandenen Freiflächen in dieser Region. Unmittelbar umringt
– vom Lise-Meitner-Weg mit 12 Wohnhäusern,
– von einem schmalen Grünzug mit 5 Kindergärten, Spiel- u. Freizeitstätten
– einer Kleingartenanlage mit 88 Parzellen,
– im Westen Neuperlach mit Wohnblocks mit mindestens 1.500 betroffenen Bewohnern
– im Osten und Süden, reine Wohngebiete von Waldperlach und Neubiberg mit mehreren Tausend Einwohnern.

Mitten hinein in diese allerletzte „grüne Insel“ quetscht die MVG ein derartiges MEGA-Infrastrukturprojekt, welches das Gesicht dieser Region nachhaltig beschädigen wird. Dies ist der Höhepunkt einer sichtbar verfehlten und konzeptionslosen Stadtplanung!

Getäuscht und getrickst

Getäuscht und getrickst wird aber auch noch an anderen Stellen, wie zum Beispiel

– wenn das Abnahmegleis, wegen eines angeblich ungeeigneten Referenzmaßstabs im Antrag zur Änderung des Flächennutzungsplans (FNP) nicht dargestellt wird und folglich auch nicht in der Beschlussvorlage für den Stadtrat vom 26.7.21 enthalten ist,
– wenn das Abnahmegleis, ein in seiner Funktion untrennbarer Bestandteil des Betriebshofs, einfach zu einem Verkehrsgleis umdefiniert wird. Offensichtlich doch nur, um die für Betriebslärm strengeren gesetzlichen Vorgaben umgehen zu können – und damit auch die erforderlichen gesetzlichen Lärmschutzmaßnahmen,
– wenn – trotz gemachter Zusagen – den Bürgern seitens der MVG die Einsicht in das Schallschutzgutachten verwehrt bleibt, obwohl doch angeblich alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden,
– wenn die Stadt den Eindruck erweckt, der Planungsbereich sei bereits im geltenden FNP überwiegend als Gewerbegebiet dargestellt und ein Betriebshof somit schon heute praktisch möglich. Warum ist denn dann die angestrengte FNP-Änderung überhaupt noch erforderlich? 

Fakt ist, dass sich noch eine Reihe von benötigten Grundstücken in Privatbesitz befinden und somit sehr teuer erworben oder Eigentümer gar enteignet werden müssen. 

Den Bürgern damit eine Entlastung der bereits heute unerträglichen Verkehrssituation in Waldperlach zu verkaufen, ist mehr als eine Verhöhnung.

Die geplante neue Straßenführung der Rotkäppchenstraße, Arnold-Sommerfeld-Straße, Carl-Wery-Straße mit zwei Brücken und einer Tieferlegung zweier Straßen ist extrem aufwendig und teuer und in dieser aufwendigen Form ausschließlich wegen des Betriebshofs notwendig. 
Den Bürgern damit aber eine Entlastung der bereits heute unerträglichen Verkehrssituation in Waldperlach zu „verkaufen“, ist mehr als eine Verhöhnung. Das Gegenteil ist der Fall! Die neue Straßenführung wird zusätzlichen Verkehr anziehen und vor allem die Lage in der vollgeparkten Rotkäppchenstraße noch weiter verschärfen. Soll die Rotkäppchenstraße zu einer Durchgangsstraße umgewidmet werden? Mit welchen Folgen für die Anrainer? Noch völlig unberücksichtigt sind dabei die Auswirkungen der Neubebauung am Otto-Hahn-Ring mit zusätzlich ca. 750 Wohnungen, welche ebenfalls im Planungsgebiet liegt.

Die Rahmenbedingungen für die derzeitige Planung haben sich in vielerlei Hinsicht z. T. erheblich geändert und verlangen zwingend eine Neubewertung.

Als absolut unzufriedenstellend ist der Umgang der Stadt mit der Suche und Bewertung von alternativen Standorten für den zweiten U-Bahn Betriebshof. Die Rahmenbedingungen für die derzeitige Planung haben sich in vielerlei Hinsicht z. T. erheblich geändert und verlangen zwingend eine Neubewertung.

Riem, so liest man, sei zwar grundsätzlich geeignet für einen Betriebshof, wird jedoch abgelehnt, weil angeblich nicht wirtschaftlich zu betreiben. Außerdem tangiere er einen Teil eines Naherholungsgebiets. Auskünfte über die Wirtschaftlichkeitsrechnungen sind nicht zugänglich. Auch, dass es dort – im Vergleich zu Neuperlach – keine unmittelbare Wohnbebauung gibt, scheint der Stadt wohl gleichgültig zu sein. Ein Stückchen Naherholungsgebiet zählt wohl einigen im Stadtrat mehr als das Wohlbefinden tausender Bürger. Was hier zählt sind alleine die Kosten und die Wirtschaftlichkeit! Lebensqualität, Gesundheit und Wertverluste von Wohneigentum sind der Stadt egal.

Völlig außer Acht gelassen wird auch der potenziell interessante Standort Ottobrunn/Taufkirchen. Die Tatsache, dass die Anrainergemeinden, der Landkreis, der Freistaat und der Bund aufgrund der Konzentration von Zukunftstechnologien an einer raschen Realisierung der U5-Verlängerung interessiert sind, eröffnet neue Perspektiven für den Betriebshof – damit auch Vorteile für die die aktuell klamme Stadtkasse. Und dies alles unter Erhalt wertvollen, stadtnahen Baulands in Neuperlach.

Von Beginn an haben die MVG und die Stadt stets versucht, der Bevölkerung die Beteiligung an diesem Projekt zu erschweren.

Wenn nun von der MVG stets behauptet wird, die Bevölkerung sei laufend und umfassend informiert gewesen, dann ist das schlicht unwahr. Auch hier stimmt das Gegenteil. Von Beginn an haben die MVG und die Stadt stets versucht, der Bevölkerung die Beteiligung an diesem Projekt zu erschweren. Wie zum Beispiel durch
– eine erste Veröffentlichung der aktuellen Planung im Juni 2020 während der Spitze der Coronakrise. Wer hat sich denn in dieser Zeit für Planvorhaben der Stadt interessiert?
– die Veröffentlichung der Regelungen für Tag-/Nachtbetrieb bzw. Sonn-/Feiertage in der Woche vor den Pfingstferien 2021 mit Ende der Einspruchsfrist kurz nach Ferienende
– die kurzzeitige Veröffentlichung der Auslegung zur Änderung des FNP im August 2021 Waren das alles nur Versehen – oder etwa doch ein geschickt gesteuertes Terminmanagement der MVG bzw. der Stadt?

Wir müssen diesen Irrsinn stoppen!

So stellt sich die aktuelle Lage zum Betriebshof aus Sicht betroffener Bürger dar. So kann und darf es nicht weitergehen! Wir müssen diesen Irrsinn stoppen! 

Wir beantragen daher eine umfassende Neubewertung alternativer, geeigneterer Standorte für einen zweiten U-Bahn Betriebshof – zumindest jedoch eine grundlegende Überarbeitung der vorliegenden Planung. Unterstützen Sie uns dabei!

München, 21.10.2021
Dr. Wolfgang Dowie, Mitglied im Sprecherkreis der
Bürgerinitiative U-Bahn Betriebshof Süd Neuperlach Waldperlach Neubiberg

Bürgerversammlung am 21.10.21:
Was die Bürgerinitiative sonst noch eingebracht hat:

Zwei Anträge für verbesserten LärmschutzJetzt Beitrag lesen!