Bürgerversammlung am 27.06.22: Betriebshof wirft neue Fragen auf

Der geplante zweite U-Bahn-Betriebshof am Standort Neuperlach Süd war erneut der größte Themen-Brocken auf der Bürgerversammlung Perlach am 27. Juni in der Sporthalle des Heinrich-Heine-Gymnasiums. Nach einer umfassenden Darstellung des aktuellen Planungsstands durch den Bezirksausschuss-Vorsitzenden Thomas Kauer im Rahmen dessen Jahresberichts gingen vier neue Anträge und eine Anfrage zum Betriebshof ein, nicht nur aus den Reihen unserer Bürgerinitiative.

Wie komplex das Thema Betriebshof Süd ist und wie viele Detailaspekte des Vorhabens man im Auge behalten muss, wurde erneut an der Präsentation des aktuellen Planungsstands durch Bezirksausschuss-Vorsitzendern Thomas Kauer deutlich. Viel Neues konnte er dabei noch nicht berichten, außer dass das ursprünglich für Anfang 2022 erwartete neue Lärmschutzgutachten nun bis voraussichtlich Ende 2022 auf sich warten lässt. Dies deutete Kauer positiv. Die Einwände von Bezirksausschuss und Bürgern sowie Änderungen der TA Lärm hätten die Planer möglicherweise veranlasst, weiterreichende Nachbesserungen am Lärmschutz zu prüfen als ursprünglich von ihnen angestrebt. Der Bezirksausschuss dränge nach wie vor darauf, dass Stadt und MVG beim Betriebshof freiwillig Lärmschutzgrenzen wie für reine Wohngebiete einhalten anstatt wie geplant die gesetzlichen Minimalgrenzen. Als nach den Berichten des Bezirksausschusses und der Polizei die Bürger zu Wort kamen, stellten vier Vertreter unserer Bürgerinitiative und ein Anwohner der U-Bahn zwischen Neuperlach Süd und Therese-Giehse-Allee ihre Anfragen und Anträge zum Betriebshof.

Die Anträge und Anfragen zum geplanten U-Bahn-Betriebshof Neuperlach Süd im Überblick:


„Wiederaufnahme des Projektes ‚Verlängerung U5‘ durch die Stadt München“
Antrag von Bruno Grzeski, Waldperlach, Mitglied im Lenkungskreis unserer Bürgerinitiative

Bruno Grzeski bezog sich in seinem Wortbeitrag auf die jüngst erfolgte endgültige Absage des zweigleisigen Ausbaus der S7 nach Ottobrunn (siehe SZ vom 23.07.22). Er machte anhand konkreter Bedarfszahlen und Entwicklungen im Landkreis deutlich, wie dringlich und zeitkritisch in Folge dessen der Ausbau der U-Bahn Richtung Ottobrunn/Taufkirchen geworden ist. Er erinnerte daran, dass Bürgermeister und Verantwortliche im Landkreis diesbezüglich gemeinsam mit der Stadt München gerne schneller voran kommen würden, als es die Motivation der Stadt München und der MVG derzeit erlaubt. Unstrittig sei, dass ein U-Bahn-Betriebshof technisch und städteplanerisch am Streckenende und fernab von Wohnbebauung in einem Industriegebiet besser aufgehoben wäre. Stattdessen einen Mega-Betriebshof inmitten von Wohngebieten zu errichten käme für die Stadt München „einen städtebaulichen Offenbarungseid“ gleich.

„Durch die Absage des zweigleisigen Ausbaus der S7 durch den Chef der S-Bahn München sowie dem Aus für die Magnetschwebebahn priorisieren Vertreter aus dem südöstlichen Landkreis München die Realisierung der Verlängerung der U5 in Richtung Süden.

Ich stelle bei der Stadt München den Antrag, dass das Projekt „Verlängerung U5“ umgehend wieder aufgegriffen und zusammen mit dem Landkreis München und den betroffenen Anrainergemeinden vorangetrieben wird – unter den besonderen Aspekten einer gemeinsamen Finanzierung, auch mit Land und Bund, sowie dem Bau eines U-Bahnbetriebshofs am Ende der U5-Verlängerung.

Der Antrag mit Begründung als PDF

Der Antrag wurde von der Bürgerversammlung mehrheitlich angenommen.


Offenlegung der Kostenplanung des U-Bahn Betriebshof Süd 
Antrag von Jürgen Herbrich, Waldperlach, Mitglied im Lenkungskreis unserer Bürgerinitiative

Jürgen Herbrich kritisierte, dass die bisher allen Stadtrats-Entscheidungen zugrunde liegende Kostenplanung für den geplanten U-Bahn-Betriebshof Süd offensichtlich noch auf den längst veralterten Planungsgrundlagen von 2021 beruhen. „Hätte ich als Investment-Controller jemals versucht, meinem Vorstand eine solche Kalkulation zur Abstimmung vorzulegen wollen, wäre ich schon im Vorzimmer damit gescheitert.“ Die Kalkulation stamme aus einer Zeit, aus der weder der Öffentlichkeit die tatsächlichen Ausmaße des geplanten Betriebshof, geschweige denn Mehraufwand wie die erforderlichen Nachbesserungen am Schallschutz, an der Verkehrsführung und für Vorhaltemaßnahmen bekannt waren. Seiner Ansicht nach müsse man außerdem den heutigen tatsächlichen Grundstückswert mit einkalkulieren und der Nutzung des sieben Hektar großen Baugrunds eine alternative Nutzung für Wohnbebauung gegenüber stellen. Selbst bei einer lockeren Bebauung mit einer Geschlossflächenzahl von 0,5 könnten hier 500-600 Wohnungen entstehen. Anstelle das Areal an der Arnold-Sommerfeld-Straße mit Bedacht zu nutzen, liefen Stadt und Bürger angesichts der derzeitigen Hauruck-Vorgehensweise der Stadt Gefahr, dass aus 200 Millionen Euro für den Bau des Betriebshof am Ende 500 EUR für Projekt werden, das von Anfang an höchst fraglich ist.

Aufgrund der Fragen und Diskussionen, die nach der Online Präsentation 2021 um den U-BahnBetriebshof Süd aufkamen und durch die Verzögerung des Projektes, die bereits entstanden ist, bin ich alarmiert, was die Kostensteigerung des Projektes Betriebshof Süd betrifft. Diese wird sich auf die Fahrpreise und andere wichtige Projekte der Stadt auswirken, die in Folge dadurch gestrichen oder gekürzt werden. Ich beantrage die Offenlegung der Kostenplanung des Projektes U-Bahn Betriebshof Süd für: 1. Die Kostenplanung zum Stand der Online Präsentation 2021 2. Die aktuelle Kostenplanung durch zusätzliche Baumaßnahmen sowie allgemeine Kostensteigerung 3. Weitere Kostensteigerungen, die bis Fertigstellung eingeplant sind Ich bitte um die Aufschlüsslung der entstehenden Kosten in reine Baukosten des Betriebshofes ohne Schallschutzmaßnahmen, sowie zusätzliche Baukosten durch die Lage in Neuperlach Süd (siehe Anhang)

Ich bitte um die folgende Kostenaufschlüsselung:
1. Reine Baukosten Betriebshof ohne Schallschutzmaßnahmen ( „Grüne Wiese Projekt“ )
• Wartungshalle
• Verwaltungsgebäude
• Abstellgleisanlage
• Gleisbauhof
• Bremstestgleis
• Waschhalle
2. Zusätzliche Baukosten für Betriebshof Süd
• Schallschutzmaßnahmen • Verlegung und Umbau von vier Straßen
• Einberechnung des Grundstückswertes
• Zusätzliche Grunderwerbskosten ( Enteignung)
• Zusatzkosten durch Vorhaltung der U5 Verlängerung“

Der Antrag mit Begründung als PDF

Der Antrag wurde von der Bürgerversammlung mehrheitlich angenommen.


Der U-Bahn Betriebshof als Bestandteil des EU-prämierten Sanierungsvorhabens Neuperlach der Stadt München“
Antrag von Gerd Strobel, Waldperlach, Mitglied im Lenkungskreis unserer Bürgerinitiative

Zum Auftakt zitierte Gerd Strobel die Münchner Stadtbaurätin Frau Prof. Merk aus dem Artikel „München im Wandel: ‚Es braucht nicht immer die großen Parks'“ in der Süddeutschen Zeitung vom 17.06.22. Darin bezeichnete Merk die Sanierung und Weiterentwicklung als „das wohl größte Sanierungsgebiet des Landes“. Damit habe man sich bei der EU-Initiative „New European Bauhaus“ beworben und sei als eines von fünf Projekten ausgewählt worden, was nun fünf Millionen Euro Fördermittel bis 2025 bringt. So notwendig die Sanierung von Neuperlach ist, so berechtigt seien laut Gerd Strobel Zweifel angebracht, ob auch die Implantierung des Infrastrukturprojekts U-Bahnbetriebshof – mitten hinein in eine bereits dichtbesiedelte Wohnstruktur und mit all seinen schädlichen Auswirkungen – Bestandtell der Bewerbung der Stadt gewesen ist. Seiner Ansicht nach sei es kaum vorstellbar, dass das „New European Bauhaus“ ein derartiges Projekt prämiert hätte.In demselben Artikel betonte Stadtbaurätin Merk, dass die Grün-und Freiraumplanung lange Zeit weit unten auf der Prioritätenliste gestanden habe, inzwischen jedoch ganz oben stehe. „Freiräume zur Naherholung sind in den dichter werdenden Quartieren ein kostbares Gut geworden“. Insofern sei es nur zu begrüßen, wenn mit dem Projekt „, Parkmeile“ im Osten Münchens ein durchgängiger Grüngürtel von Landschaftspark Riem bis zum Unterhachinger Tal entstehen soll. Er sei ein Grüner Übergang von der großstädtischen Besiedlung zur ländlichen Strukturen. „Demokratie und gesellschaftlicher Zusammenhalt entwickelt sich in den Stadtquartieren. Freiräume, Grünzüge und Freizeitangebote haben auch eine Qualität für des soziale Miteinander“, so Frau Prof. Merk.

Mitten in diese geplante „Oase der Ruhe“ soll nun nach dem Willen der Stadt ein U-Bahnbetriebshof gigantischen Ausmaßes gesetzt werden. Diesen krassen Widerspruch machte Gerd Strobel sehr deutlich. Mit seinen starken Beeinträchtigungen kollidiere der Betriebshof eklatant mit den Zielen der Stadtplanung. Eine ca. 30-40 m breite Trasse (Bremstestgleis, parallel tiefgelegte Rotkäppchenstraße) sowie eine 900 m lange Lärmschutzwand, würde faktisch und optisch eine Demarkationslinie zwischen dem östlichen und südlichen Teil des Grünzugs bilden. Sie würde nicht nur das (gewollt durchgängige) Erholungsgebiet, sondern trennt auch Menschen trennen. Darüber hinaus würde der Betriebshof mit seinen Bauten und Emissionen die für Neuperlach wichtige Frischluftschneise Ost unterbrechen.

Mit folgendem Antrag stellt Stobel ein dickes Fragezeichen hinter die Vereinbarkeit wichtiger Entwicklungsperspektiven für Neuperlach mit der Planung eines U-Bahn-betriebshof:

„Ich beantrage von der Stadt Auskunft darüber, ob bzw. inwieweit das Projekt „U-Bahn Betriebshof Süd“ (incl. Bremstestgleis) integrierter Bestandteil des von der EU-Initiative prämierten Sanierungsvorhaben Neuperlach gewesen ist. Wenn ja: Wie hoch ist der Anteil an den Fördermittel für den kompletten Betriebshof (inkl. Bremstestanlage)? Sollte der Betriebshof nicht Bestandteil der Bewerbung gewesen sein: Warum nicht? Sind im Sanierungskonzept auch Maßnahmen und Mittel für die Erhaltung und den Schutz der Frischluftschneise Ost enthalten?“

Der Antrag mit Begründung als PDF

Der Antrag wurde von der Bürgerversammlung mehrheitlich angenommen.


Verbesserung des bestehenden Gleisbetts auf der Zufahrtsstrecke zum geplanten U-Bahn-Betriebshofs
n. n., Neuperlach

Ein Anwohner der U-Bahn-Strecke lies einen Antrag durch Versammlungsleiter Stadtrat Manuel Pretzl. Er berichtete von deutlich wahrnehmbaren und sehr störenden Fahrgeräuschen und Erschütterungen in seiner Wohnung, die von U-Bahnen auf der Strecke zwischen Neuperlach Süd und Therese-Giehse-Allée auftreten. Erst durch Nachbesserungen am Gleisbett seien diese in der Vergangenheit auf ein erträgliches Maß reduziert worden. Durch den zu erwartenden zusätzlichen Verkehr auf dieser Zufahrt zu geplanten Betriebshof befürchten die dortigen Anwohner wieder steigende Belastungen, auch nachts. Daher beantrage er, entlang der Zufahrtsstrecke bis zum Betriebshof entsprechende Gleisbett-Sanierungen und Verbesserungen mit einzuplanen, um Beeinträchtigungen für Anwohner zu begrenzen.

Der Antrag wurde von der Bürgerversammlung mehrheitlich angenommen.


„Fehlende Stellungnahme zu Antrag Dr. Dowie aus der Bürgerversammlung vom 21.10.21 – Neubewertung alternativer Standorte für den Betriebshof“
Anfrage von Dr. Wolfgang Dowie, Waldperlach, Mitglied im Lenkungskreis unserer Bürgerinitiative

Bereits im Oktober 2021 hatte der Waldperlacher Rechtsanwalt Dr. Wolfgang in der Bürgerversammlung die Neubewertung alternativer Standorte für einen zweiten U-Bahn Betriebshof gefordert (Beitrag dazu lesen), jedoch bis dato keine Reaktion der Stadt auf sein Anliegen erhalten. Diese kam am Folgetag nach der Bürgerversammlung promt per E-Mail – wenngleich ohne relevante Aussagekraft:

Betreff: AW: BV-Antrag BA16 OE – BV am 27.06.2022 Perlach – Fehlende Stellungnahme zu Antrag Dr. Dowie aus BV v. 21.10.21 Antrag: Neubewertung alternativer Standorte für einen zweiten U-Bahn Betriebshof (4030180)

Sehr geehrter Herr Dr. Dowie,
der zuständige Sachbearbeiter für die auf Ihren Antrag in der Bürgerversammlung des Bezirksteils Perlach am 21.10.2021 beschlossene BV-Empfehlung Nr. 20-26 / E 00406 – „U-Bahn Betriebshof Süd Antrag auf eine umfassende Neubewertung alternativer Standorte“ wurde um eine neue Zwischennachricht an Sie gebeten.

Derzeit befindet sich die BV-Empfehlung beim Referat für Stadtplanung und Bauordnung in Bearbeitung und kann über den folgenden Link im öffentlichen RIS der Landeshauptstadt München gefunden werden:
https://risi.muenchen.de/risi/antrag/detail/6866321

Mit freundlichen Grüßen
xxxxxxx xxxxxxxxx
BAG-Ost

Landeshauptstadt München, Direktorium, HA II Bürgerangelegenheiten,
Service und Fachaufgaben
Geschäftsstelle Ost für die Bezirksausschüsse 5,13,14,15,16 und 17Friedenstraße 40, 81660 München“